FÜSSE HOCH IN KROATIEN

Nun sind wir bereits die achte Woche auf Reisen und leben insgesamt 68 Tage im Wohnwagen – von unseren Kindern liebevoll „Obelix“ getauft.
Wenn wir sagen „auf Reisen“ stimmt das eigentlich gar nicht. Denn tatsächlich befinden wir uns seit fast fünf Wochen auf ein und demselben Campingplatz im kroatischen Istrien. Zwei Tage, nachdem wir Micha’s großen Sohn Sidney in Slowenien am Flughafen verabschiedet haben, sind wir nach Kroatien aufgebrochen. Wir wollten drei Wochen auf der Halbinsel campen und dann weiter Richtung Dalmatien reisen. Aber es ist hier so schön, dass wir im Familienrat beschlossen haben, uns Stau und Menschenmassen im kroatischen Süden zu ersparen (dort wurde die Erfolgsserie „Game of Thrones“ gedreht und nun wird die Region von Touristen überschwemmt) und stattdessen noch ein bisschen länger zu bleiben. Überhaupt war ja einer unserer großen Pläne für die Reise, nicht so viele Pläne zu planen und vor jedem neuen Schritt mal ehrlich in uns reinzuhorchen. Und da hieß es immer wieder deutlich „Bleibt doch noch ein Weilchen und genießt das Meer, die Menschen und die Ruhe.“ Überhaupt war es für uns eine wichtige Lektion zu realisieren, dass wir nicht mehr getrieben sind und ganz allein entscheiden können, wohin es als nächstes geht. Oder eben nicht.

Auch Freiheit muss man lernen.
Wir haben hier in Istrien tolle Menschen kennengelernt, unser Stellplatz ist riesig, das Wetter bis auf zwei Stürme spitze und das Meer so klar, dass wir nie ohne Taucherbrille losziehen. Davon abgesehen haben wir nach unserer Ankunft in Kroatien schnell gemerkt, wie angespannt wir die ersten Wochen unserer Reise tatsächlich noch waren. Vielleicht lag es am unberechenbaren Wetter in den Bergen Sloweniens, das jeden Tag mehrere Klimazonen bereithielt und uns immer wieder mit Gewitter und Starkregen überraschte. Vielleicht lag es auch an den vielen neuen Eindrücken der ersten Wochen und dem Versuch, allen Kindern nach dem Abschied in der Heimat gerecht zu werden. In jedem Fall haben wir erst gespürt, wie anstrengend die Vorbereitungszeit und der Start unserer Reise wirklich waren, als wir hier im uns seit Jahren vertrauten Istrien unseren Wohnwagen aufgestellt und die Füße zum ersten Mal im Meer hatten.
Seitdem hat Pauline schwimmen gelernt, die Kinder haben Freundschaften geschlossen, wir kennen fast jeden Hund auf dem Gelände mit Namen, ein Sturm hat unsere Dachluke davon getragen, einen Ast unseren Wohnwagen nur knapp verfehlt, wir haben die Gegend erkundet, Delfine gesehen, Steine bemalt, andere Reisefamilien getroffen, einen großartigen Dinopark und unser geliebtes Rovinj besucht, einen gemeinsamen Ausritt gemacht, viele interessante Gespräche geführt, mit den Kindern in Projektwochen gepaukt, alle wichtigen Partyhits Österreichs kennen und lieben gelernt, zahlreiche Schürfwunden verarztet, Flohmärkte veranstaltet, unzählige Sonnenuntergänge bestaunt und überhaupt viel sinniert über das, was wir hier tun und erleben dürfen.
Es ist nicht alles eitel Sonnenschein.
Auch wenn wir für jeden Tag dankbar sind, ist natürlich nicht alles eitel Sonnenschein.
Als wir zum Beispiel bei einem Sturm (die sogenannte für die Region typische „Bora“ hatte über 100 km/h) nur knapp von einem gewaltigen Ast verfehlt wurden und bei Starkregen das Loch im Dach unseres Wohnwagens mit Handtüchern und Picknickdecke stopften, wurde uns bewusst, wie schnell Unvorhergesehenes unsere Reise ins Wanken bringen kann. Natürlich kann auch der Keller zuhause überlaufen, aber bei einem Unwetter mit Kindern im Wohnwagen zu liegen, macht ehrfürchtig vor den Launen der Natur. Noch nie waren wir uns der Verantwortung unseren Kindern gegenüber so bewusst wie in dieser Nacht.

Und damit kommen wir zum nächsten Punkt.
Wir wussten natürlich im Vorfeld, dass alle Welten unserer Kinder – von Kindergarten über Schule bis hin zu Sport-AG oder einfach mal Freunde treffen – ab Reisestart ganz allein in unseren Händen liegen. Das schweißt zusammen, birgt aber auch Konfliktpotenzial. Natürlich genießen wir es sehr, Pauline und Len nicht jeden Tag halb acht zu verabschieden und erst um 16 Uhr wiederzusehen. Sie über so einen langen Zeitraum täglich zu erleben, mit ihnen gemeinsam die Welt zu entdecken, Menschen und Kulturen kennenzulernen oder abends 21 Uhr spontan Federball spielen zu dürfen ist das schönste Geschenk überhaupt und war lange unser großer Wunsch und Antrieb dieser Reise. Dennoch gab es hier in Kroatien die ein oder andere schlaflose Nacht, in der wir gegrübelt haben, ob wir Eltern alle Rollen der früheren Bezugspersonen übernehmen können. Wir sind weder Pädagogen, noch Schwimmlehrer oder Erzieher. Und trotzdem haben wir nun die alleinige Verantwortung und müssen vertrauen, dass es unseren Kindern gut geht, Len mit unserer Hilfe weiterhin Spaß am Lernen hat und wir ihnen mit der Entscheidung dieser Reise keinen Schaden zufügen.

Aber so ist das nun mal mit den Nächten. Aus Mücken werden Elefanten und am nächsten Morgen ist alles wieder gut. Denn dann sehen wir, wie unser Hänsel und seine Gretel eng umschlungen nebeneinander liegen. Und während wir Erwachsenen oft ab 7 Uhr wach sind und arbeiten können, ratzen die Kinder nicht selten bis halb zehn. Wenn wir bedenken, wie oft wir die beiden im alten Leben aus dem Tiefschlaf holen und durch den Morgen treiben mussten, fühlt sich der Start in den Tag hier natürlich super an. (Abgesehen von der täglichen Diskussion um den Frühstücks-Abwasch. Der wurde früher natürlich nicht von den Kindern, sondern von der Spülmaschine erledigt. Und darum wird sie vor allem von den beiden ganz schrecklich vermisst. ?)
Andere Dinge hingegen sind weg und es ist gut so.
Zum Beispiel waren wir uns nicht sicher, ob uns unsere große Wohnung nach Monaten im Wohnwagen nicht fehlen wird. Nein! Es ist immer noch befreiend, wenig zu besitzen und nach 15 Minuten Aufräumen oder sogar Durchwischen fertig zu sein. In drei Wochen treffen wir die Oma am Gardasee und ziehen dann alle für 14 Tage in eine Ferienwohnung. Wir waren uns so sicher, diese Abwechslung mit offenen Armen herbeizusehnen. Nun haben wir unseren dicken Obelix so lieb gewonnen, dass es uns fast ein bisschen leid tut, ihn für den Zeitraum unterzustellen.
Aber auf die Oma und Italien freuen wir uns schon sehr. ♥️
Bis jetzt hört sich alles gut an. Ich hoffe es bleibt auch weiterhin so entspannt. Euch Vieren alles Gute.
Das mit der Dachluke ist ja heftig. Habt Ihr dafür Ersatz bekommen und wie behilft man sich, wenn einem sowas passiert?
Ja. Das war ziemlich heftig. War ein kleiner Schock zu realisieren, dass der Regen ungehindert in den Wohnwagen gelaufen war und auch weiterhin lief. Wie haben dann erstmal eine beschichtete Decke von innen durch die Luke auf’s Dach gelegt. Als das Vorzeit abgesackt ist, bin ich raus. Da hab ich die abgerissene Dachluke ein paar Meter entfernt entdeckt. Die hatte 2 Gläser. Das äußere war zerstört aber das innere noch intakt. Wir haben dann die Dachluke von innen durch das Loch auf den Wohnwagen gelegt und von innen mit Seilen befestigt (es war ja immer noch Sturm und starker Regen).
Am nächsten Tag haben wir dann den Wohnwagen ausgeräumt und alles trocken gelegt. Und zum Glück haben wir einen mobilen Handwerker gefunden, der tatsächlich auch noch eine passende Dachluke am Start hatte. Die hat er direkt montiert. Jetzt sind wir schlauer und machen die Dachluke und Fenster immer dicht wenn wir länger weg sein werden…;-)