NEUES JAHR, NEUES KAPITEL

Wir hoffen, ihr seid trotz schwieriger Bedingungen alle gut ins neue Jahr gekommen und habt ein GESUNDES und erfüllendes 2021 vor euch. Wir denken die Tage viel an unsere Lieben in Deutschland und wünschen euch von Herzen, dass sich die Lage in absehbarer Zeit beruhigt, der Frühling ganz bald kommt und die für so viele Menschen furchtbaren Nebenerscheinungen wie Isolation, Perspektivlosigkeit oder auch finanzielle Sorgen nicht von Dauer sind. Fühlt euch aus der Ferne umarmt.❤️
Auch unsere letzten Wochen sind von Stillstand, Abwarten und Abwägen geprägt. Eine der Gründe, warum es hier schon fast zwei Monate nichts zu lesen gab. Wir haben – nicht nur wegen Corona – das wohl nachdenklichste und anstrengendste Kapitel unserer Reise hinter uns und sind in den letzten Monaten zwar nicht viel gereist, dafür aber umso mehr bei uns selbst angekommen.
Aber kurz zurück. Seit September sind wir nun wieder in Portugal, seit Mitte Oktober an der Algarve. Nachdem Micha’s Sohn Sidney und meine Mama uns dort besucht haben, verbringen wir seit November unseren Alltag mit befreundeten Familien, die Kinder genießen ihren festen Spielkreis, wir sind alle in wetterfeste kleine Bungalows bei Lagos gezogen, haben gemeinsam Geburtstage, Advent, Weihnachten, Silvester miteinander verbracht und wissen jeden Tag zu schätzen, dass wir diese Freiheiten haben und die Situation hier dank rückläufiger Zahlen wieder entspannt und berechenbar ist.




Wir sind im Herbst nach Portugal zurückgekehrt, um herauszufinden, ob die Liebe auf den ersten Blick, die uns hier im letzten Februar erwischt hat, auch den zweiten Blick standhält und wir uns ein Leben in Portugal dauerhaft vorstellen können. Aus diesem Grund haben wir zahlreiche Gespräche mit Einheimischen und Zugezogenen geführt, uns den portugiesischen Immobilienmarkt und die Bürokratie näher angeschaut, das staatliche Schulsystem beäugt, Alternativen dazu kennengelernt, bewusst die Regenzeit mitgenommen, das Land und die Region ausgiebig erkundet, ein Gefühl für die Sprache und das Leben als Selbstständige bekommen, alles inklusive unserer persönlichen Vorstellung vom Leben in einen Topf geworfen, Familienrat einberufen und gemeinsam entschieden, dass wir zwar immer noch verstehen, warum es uns hier so erwischt hat, wir aber nicht dauerhaft an diese Liebe glauben. Aus diesem Grund haben wir entschieden, Portugal wieder zu verlassen und als stürmische Bekanntschaft in bester Erinnerung zu behalten.
Es war sehr heilsam zu sehen, wie unser romantisches Bild von einem Leben in der Natur mit den realistischen und oft ernüchternden Schilderungen von Auswanderern zusammen trifft. Und wir haben mit großem Respekt den Erzählungen über Jugendliche gelauscht, die – ob portugiesisch oder eingewandert – zum größten Teil das Land wieder verlassen möchten. Wir haben verstanden, dass Micha’s in Brasilien erlerntes Portugiesisch hier genauso viel nützt wie Schweizerdeutsch im tiefsten Sachsen und hatten genügend Zeit um einzusehen, dass auch die schönste Landschaft und das Meer nichts nützen, wenn das Regelschulsystem so gar nicht mit den eigenen Vorstellungen von Bildung und Kindheit harmonieren möchte.
Alles in allem sind wir unendlich dankbar für die Gelegenheit, hier mit der nötigen Zeit und den richtigen Leuten jeden Stein einmal umdreht zu haben. Denn auch wenn unser Aufbruch zur Reise vor allem von Leichtigkeit und Abenteuer bestimmt war, wünschen wir uns von ihrem Ausgang, dass es kein weiteres Projekt für die nächsten zwei Jahre ist, sondern sich für uns alle vier und einen langen Zeitraum richtig und gut anfühlt. Dieses Gefühl konnte uns Portugal nicht geben und wir sind froh, dass wir das jetzt und nicht in einem Jahr reflektieren durften.
Wie geht es weiter?
Irgendwann zwischen Ausgangssperre in Spanien und diesen Zeilen wurde aus unserer Reise durch Europa eine Reise zu uns selbst. Denn wenn plötzlich alle Möglichkeiten und Freiheiten gegeben sind, wird klar, wie viel du eigentlich über dich selbst und deine Wünsche weißt. Wenn Familie und Freunde übers Land verstreut sind, dir kein Arbeitgeber, kein Mietvertrag, keine Einrichtung einen Rahmen gibt, bist du gezwungen, in dich hineinzuhören und ehrlich herunterzubrechen, was für dich und deine Familie wichtig ist im Leben und wie du es gestalten möchtest. Das klingt nach fröhlichem Wunschkonzert, ist aber eine Aufgabe, die uns die Schuhe ausgezogen und zeitweise auch voneinander entfernt hat.
Jetzt starten wir nach einem sehr emotionalen und (wie für alle) turbulenten 2020 ins neue Jahr und haben mittlerweile ein sehr klares Bild im Kopf, was wir brauchen zum glücklich sein und wie es für uns als Familie weitergehen soll. Wir kehren – sobald es Corona zulässt – zurück nach Deutschland und suchen für unsere Kinder eine Freie Schule. Gern möchten wir ihnen auch weiterhin die Freiheit geben, selbstbestimmt zu lernen und ihre Lust und Neugier auf neue Themen so lebendig zu halten. Gerade unser Aufenthalt in Portugal hat uns noch einmal sehr deutlich gemacht, welchen Stellenwert dieser Aspekt mittlerweile für uns alle hat und wie schwer uns die Vorstellung nach den Erfahrungen dieser Reise fällt, sie wieder ins normale Schulsystem zurückzuschicken. Aus diesem Grund haben wir auch entschieden, dass wir nicht irgendwo hinziehen und dann schauen, was es so an Möglichkeiten gibt, sondern die Schule unseren Wohnort bestimmen darf.


Wir wissen genau, wie und in welcher Region wir am liebsten leben möchten. Gleichzeitig sind wir uns bewusst, dass Plätze an Freien Schulen heiß begehrt und der Wohnungsmarkt in manchen Teilen Deutschlands hart umkämpft ist. Aus diesem Grund können wir noch nicht sagen, wann genau wir wo hinziehen. Was wir sagen können, ist dass wir voller Vertrauen sind und uns alle darauf freuen, anzukommen und das nächste Kapitel aufzuschlagen. Wir halten euch auf dem Laufenden und freuen uns auf viele schöne Wiedersehen, wenn wir uns alle wieder treffen und umarmen dürfen.
Bis dahin – bleibt gesund und guter Dinge. ❤️
Hallo Ihr Lieben,
jetzt seid Ihr mir zuvor gekommen. Ich wollte längst schon mal nachgehakt haben, denn ich hab mich schon gefragt, warum es so still um Euch geworden ist. Das klingt zwar sehr ernüchternd, aber es klingt einfach nach dem Weg, den Ihr gehen musstet, nein durftet, um Euch und Euer Lebensmodell zu finden. Um diese Erfahrung beneide ich Euch sehr. Das mit der freien Schule kann ich super nachvollziehen, da auch wir Janosch gerne an die Montessorischule bringen wollen. Wir finden das Konzept super und denken, dass es für Janosch die beste Art zu lernen ist. Die Plätze sind heiß umkämpft, Corona macht einen Quereinstieg (die Schule startet ab der 1. Klasse) aber gerade nicht unbedingt leichter. Also können wir uns gegenseitig die Daumen drücken, dass wir einen, bzw. mehrere Plätze bekommen. Ich denke mal, wir sind keine Konkurrenten, denn so wie ich Euch damals verstanden habe kommt Darmstadt als Wohnort nicht mehr unbedingt in Betracht oder? Eine Freundin von mir ist Lehrerin an einer Montessorischule irgendwo an der Bergstraße. Wenn das in Frage käme, sagt mir gerne Bescheid, sie hat vielleicht den ein oder anderen Tipp für Euch. LG und es ist die beste Neuigkeit seit langer, langer Zeit (gibt es grade noch gute Neuigkeiten?), dass Ihr nach Deutschland zurückkehrt. Ihr fehlt uns nämlich gewaltig und wir freuen uns Euch in Stadt/Dorf XY besuchen zu kommen (da wollte ich nämlich immer schonmal hin 😉 ).
LG Monika
Ach Moni, hab vielen lieben Dank. Egal, wo wir landen werden – natürlich sehen wir uns in DA wieder und freuen uns immer über Besuch. Melde mich, Drücker.
Guten Tag ihr lieben Freunde,
eurem Beitrag habe ich nichts hinzuzufügen.
Ich möchte euch aber gerne sagen, dass unsere Tochter 10 Jahre auf der Freien Comenius-Schule in Darmstadt war, die geht bis zur Mittleren Reife.
Wir und sie sind über unsere Entscheidung sehr glücklich, insbesondere im Nachhinein, aber es muss euch bewusst sein, dass das nicht die normale (reale) Welt ist und die Kinder nichts mit den Kindern der unmittelbaren Umgebung zu tun haben. Wir waren ausgelastet mit Elternarbeit und Taxidienst für unsere Tochter, da ihre Klassenkameraden sehr verstreut wohnten.
Gerne können wir euch in einem Gespräch ausführlich Auskunft geben, wenn ihr wieder im Lande seid.
Unsere Tochter ist mittlerweile 36 Jahre und spricht gerne von den Eltern als der weißen Bio-Mittelschicht, Kinder aus Arbeiter- und Migrantenfamilien gab es da keine.
Weiterhin alles Liebe und Gute für euch!!
Hey Jean, hab lieben Dank für deine Zeilen und Einschätzung. Dieses Problem ist hier in Portugal leider noch viel größer, denn Alternativen zu den staatlichen Schulen sind deutlich teurer als sie es in Deutschland sind. Aber ja, wir sind uns bewusst, dass Freie Schulen auch dort nicht die breite Masse anziehen und wir werden uns überlegen, wie wir diese Blase in unserer Freizeit ausreichend wett machen. Wir melden uns auf jeden Fall, wenn wir in Hessen sind. Ganz lieben Gruß.
https://www.fcs-da.de